Wie nahezu jedes Jahr hat auch 2021 Änderungen des steuerlichen Verfahrensrechts gebracht.

Wie jedes Jahr hat auch 2021 verschiedene Änderun­gen des steuerlichen Verfahrensrechts gebracht. Die Änderungen der AO durch diverse Gesetze wurden in einem gesonderten Aufsatz ² dargestellt. Die Neuerun­gen, die sich im steuerlichen Verfahrensrecht durch Verwaltungsverlautbarungen und höchstrichterliche Rechtsprechung im Wesentlichen des SFH, aber auch des BVerfG ergeben haben, werden nachfolgend zu­sammengefasst dargestellt. Ausgewählte Entschei­dungen werden einer knappen Erörterung unterzogen.

I. ÄNDERUNGEN DES ANWENDUNGSERLASSES ZUR AO IM JAHR 2021

Im Jahr 2021 erfolgten insgesamt fünf Änderungen des Anwendungserlasses zur AO (AEAO).³ Erneut kann an die­ser Stelle nur auf die Wichtigkeit des AEAO hingewiesen werden, der oftmals etwas im Schatten der Einkommen­steuerrichtlinien oder etwa des Anwendungserlasses zum UStG steht. Wenn, was durchaus nicht so selten vor­kommt, sich die FinVerw nicht an die gesetzlichen Rege­lungen des steuerlichen Verwaltungsverfahrens hält, ist es stets von Vorteil, wenn man die FinVerw mit Zitaten aus dem AEAO konfrontieren kann. Schließlich handelt es sich bei diesem um Ausführungen zum Verfahrensrecht, die die FinVerw selbst getroffen hat.

1. BMF-Schreiben vom 20.1.2021⁴

Die erste Änderung des AEAO im  Jahr 2021 erfolgte durch ein BMF-Schreiben vom 20.1.2021.⁵ Im Gegen­satz zu den Änderungen des Vorjahres handelte es sich um eine Änderung, die eine Vielzahl von Bestimmungen der AO betraf. Zu nennen sind hierbei insbesondere:

  • Die Nr. 8 zu § 30 AO setzt sich mit der Offenbarung von steuerrelevanten Tatsachen auf Grund des Euro­parechts auseinander. Hierzu findet sich nunmehr der Hinweis, dass EU-Richtlinien und Beschlüsse im Zusammenhang mit der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU kein unmittelbares EU­-Recht darstellen.
  • In Nr. 4.3 zu § 31 a AO wird erläutert, dass subventi­onsrechtlich relevant auch Tatsachen sind, die sich auf die Förderung nach der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" beziehen.
  • § 80 AO betrifft die Bevollmächtigung. Neu gefasst wurde die Nr. 1 zu § 80 AO insofern, als bei einer elektronisch erteilten Vollmacht eine Unterzeich­nung mittels Signaturpfad ausreicht. Auch in § 80a AO findet sich nunmehr ein Hinweis auf eine elektro­nische Vollmacht.
  • Bei den Ausführungen zur verbindlichen Auskunft wurden die Anmerkungen zur Ermittlung der Gebühr ergänzt. Verwiesen wird zur Ermittlung der steuerli­chen Auswirkungen auf die Grundsätze, die für die Streitwertermittlung in einem Klageverfahren gelten. Hierzu wird auf eine Entscheidung des BFH verwie­sen.⁶
  • Für die erweiterten Mitwirkungspflichten nach § 90 AO bei Auslandssachverhalten wird auf das sehr wichtige BMF-Schreiben vom 3.12.2020 verwiesen (Verwaltungsgrundsätze-Verfahren).⁷
  • In den Ausführungen zu § 138 AO wird auf ein neue­res BMF-Schreiben vom 5.2.2018⁸ hingewiesen. Weitere Verweise auf neuere BMF-Schreiben (Ver­waltungsgrund-sätze s. o.) finden sich in den Ausfüh­rungen zur Schätzung nach 
    § 162 AO bei der Verlet­zung von Mitwirkungspflichten,⁹ im AEAO zu § 201 AO, der die tatsächliche Verständigung betrifft,¹⁰ so­wie im AEAO zu § 204 AO.¹¹
  • Der AEAO zu § 149 Nr. 3 AO führt neu aus, dass die Steuererklärungsfrist für nicht beratene Landwirte sieben Monate nach dem Ablauf des Kalenderjahres endet, in dem ein verlängertes Wirtschaftsjahr endet.
  • In Nr. 11 zu § 152 AO wird bezüglich der Verjährung eines Verspätungszuschlags auf den AEAO zu § 169 Nr. 5 und § 228 AO hingewiesen. Für die Haftung gilt § 69 AO. 
  • § 154 AO betrifft die Pflichten bei Kontoeröffnung. Nach Nr. 11.2 zu § 154 AO wird ausgeführt, dass es vorerst ausreicht, wenn ein wirtschaftlich Berechtig­ter gem. § 1 Abs. 5 GwG identifiziert wird.
  • Nr. 7 zu § 165 AO verweist nunmehr zum Umfang der Vorläufigkeit bei einem Änderungsbescheid auf ein weiteres Urteil des BFH.¹²

 

1  Der Verfasser des Beitrags ist Partner bei FIDES Kemsat Zweignieder­lassung der FIDES
    Treuhand GmbH & Co. KG, Wirtschaftsprüfungs­gesellschaft,
    Steuerberatungsgesellschaft, Hamburg.

2   Vgl. Stbg 2022 S. 132 ff.

3   AEAO vom 31.1.2014, BStBI I 2014 S. 290, mit diversen Änderungen seitdem.

4   BMF vom 20.1.2021, IV A 3 - S 0062/20/10004 :001, BStBI I 2021 S. 128.

5   S. a. Günther, Änderung des Anwendungserlasses zur AO, AO-StB 2021 S. 85.

6   BFH vom 22.4.2015, IVR 13/12, BStBl ll 2015 S. 989.

7   BMF vom 3.12.2020, IV B 5 - S 1341/19/10018 :001, BStBI I 2020 S. 1325.

8   BMF vom 5.2.2018, BStBI I 2018 S. 289.

9   BMF vom 3.12.2020, IV B 5 - S 1341/19/10018 :001, BStBI I 2020 S. 1325.

10 BMF vom 15.4.2019, IV A 3 - S 0223/07/10002, BStBI I 2019 S. 447. 

11 BMF  vom 15.4.2019, IV  A 3 -  S 0223/07/10002, BStBl I 2019 S. 447. 

12 BFH vom 16.6.2020, VIII R 12/17, BStBI II 2020 S. 702.