Anmerkungen zum CO2-Grenzausgleichsmechanismus

Um der Problematik des „Carbon-Leakage“ entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission als einen Bestandteil des Klimapaketes, das Konzept des CO2-Grenzausgleichsmechanismus entwickelt. Durch den Ausgleichsmechanismus erhofft sich die EU, das Abwandern energieintensiver Betriebe sowie den Import preisgünstiger, jedoch unter klimaschädlichen Bedingungen produzierter Produkte zu verhindern. Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus ist somit ein wichtiger Baustein zum Erreichen des festgelegten Klimaziels.

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Ernst-Wilhelm Hoppe

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Stefanie Stuntebeck

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Bis 2030 will die EU die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 55  % senken. Bis 2050 ist das erklärte Ziel sogar, vollständig klimaneutral zu sein. Dies entspricht auch den Klimazielen gemäß dem deutschen neuen Klimaschutzgesetz, wobei in Deutschland bereits eine vollständige Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden soll. Klimaneutral bedeutet in diesem Fall, dass nur so viel CO2 ausgestoßen wird, wie der Atmosphäre auch wieder entzogen werden kann und es somit zu keiner „Netto-CO2-Emission“ kommt. Eines der effektivsten Instrumente zur Umsetzung der EU-Klimapolitik ist der Emissionshandel. Für energieintensive Betriebe, denen aktuell noch keine alternativen emissionsarmen Produktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, führt dies zwangsläufig zu höheren Produktionskosten.

DAS „CARBON LEAKAGE“-PROBLEM

„Carbon Leakage“ bezeichnet eine grundsätzliche Problematik, die sich aus einer regionalen Klimapolitik ergibt. Eines der effektivsten Instrumente zur Reduzierung der Emissionen ist eine Verteuerung des Energieverbrauchs, wie dies die EU beispielsweise mit dem beschriebenen Emissionshandel umsetzt. Die hierdurch bedingt steigenden Produktionskosten können jedoch die beiden weiteren im Folgenden beschriebenen Effekte haben.

  • Aufgrund der gestiegenen Produktionskosten droht eine Verlagerung der Wertschöpfung in Länder im EU-Ausland mit geringeren bzw. keinen Klimaauflagen. 
  • Durch die geringeren Produktionskosten in Drittstaaten können energieintensive Produkte dort preiswerter produziert werden und folglich damit günstiger angeboten werden. Der Import dieser Produkte führt dazu, dass „grüne“ Produkte, die in der EU hergestellt werden, durch preiswerte Produkte aus Drittstaaten ausgetauscht werden.

Zusammenfassend führt das „Carbon Leakage“-Problem folglich dazu, dass es zu keiner Reduktion der CO2-Emissionen kommt, sondern lediglich zu einer Verlagerung. Das übergeordnete Ziel, die weltweiten Treibhausgasemissionen zu reduzieren, würde somit verfehlt. 

LÖSUNGSVORSCHLAG DER EU-KOMMISSION

Um der beschriebenen Problematik entgegenzuwirken, ist von der EU-Kommission das Konzept des „Carbon Border Adjustment Mechanism“ (CABM) bzw. CO2-Grenzausgleichsmechanismus entwickelt worden.  Dieses ist Bestandteil des „Fit for 55“ Klimapakets, das von der EU-Kommission am 14.07.2021 vorgelegt wird und Vorgaben sowie Richtlinien zur Erreichung der fest-gelegten Klimaziele beinhalten soll.

Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus stellt einen „CO2-Zoll“ dar, der auf Produkte anfällt, die aus Drittstaaten in die EU importiert werden und nicht klimafreundlich produziert werden. Ziel dieses „CO2-Zolls“ ist es, das Abwandern energieintensiver Betriebe sowie den Import preisgünstiger, jedoch unter klimaschädlichen Bedingungen produzierter Produkte zu verhindern. Nach derzeitigem Stand sollen sich die Abgaben vorläufig auf Stahl, Strom, Zement, Aluminium und Düngemittel beschränken.

ANMERKUNGEN ZUM GRENZAUSGLEICHSMECHANISMUS

Ein wesentlicher Kritikpunkt am CO2-Grenz-ausgleichsmechanismus ist, dass exportstarke Unternehmen nicht geschützt werden. Unternehmen, die ihre Produkte weltweit anbieten, konkurrieren zwangsläufig mit Unternehmen aus Ländern mit geringeren Klimaschutzauflagen und haben im Wettbewerb somit einen Kostennachteil bei der Produktion. Zusammenfassend wird lediglich der Absatz innerhalb der EU, nicht jedoch der Absatz ins EU-Ausland geschützt.

  • Bei einer Beschränkung der CO2-Abgabe auf wenige Güter besteht die Gefahr für die Umgehung dieser Regelungen durch „innovative“ Lösungen. Trotz der vorläufigen Einschränkung des „CO2-Zolls“ auf genannte Güter könnten weitere Wertschöpfungsstufen aus der EU abwandern. Beispielsweise könnten Maschinenhersteller die Produktion ins EU-Ausland verlagern, den dort günstigen (jedoch klimaunfreundlichen) Stahl zur Herstellung der Maschinen nutzen und diese im Anschluss ohne die Zahlung einer CO2-Abgabe in die EU exportieren.
  • Durch die Vermischung von Klimaschutzzielen und volkswirtschaftlichen Zielen wird die Klimapolitik die Handelspolitik beeinflussen. Exportstarke Nationen mit geringen Klimaauflagen könnten die Einführung eines „CO2-Zolls“ als protektionistische Maßnahmen verstehen und auf diese durch die Einführung eigener Importzölle reagieren.