
Erhebliche Verfassungsrechtliche Zweifel an Nachzahlungszinsen ab 2015
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Mit Beschluss vom 24.4.2018 (IX B 21/18) hat der BFH erstmals erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken an der Höhe der Nachzahlungszinsen ab dem Jahr 2015 geäußert. Er hat deshalb eine Aussetzung der Vollziehung in einem Einspruchsverfahren gegen einen Zinsbescheid gewährt.
Die Antragsteller waren Eheleute, gegen die nach einer steuerlichen Außenprüfung Steuernachzahlung sowie Nachzahlungszinsen in erheblicher Höhe festgesetzt wurden. Gegen den Zinsbescheid legten die Eheleute Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Nachdem diese vom Finanzamt und Finanzgericht abgelehnt wurde, wandten sich die Antragsteller an den BFH. Dieser gab dem Antrag statt und setzte die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang aus. Nach Ansicht des BFH bestehen hinsichtlich der Zinshöhe für Verzinsungszeiträume zumindest ab dem Jahr 2015 schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen zur Zinsfestsetzung.
Dieser Beschluss stellt eine für Steuerpflichtige erfreuliche Wendung in der Rechtsprechung dar. Bislang wurde von den Finanzgerichten und der Finanzverwaltung immer vertreten, die gesetzliche Zinshöhe von 6 % pro Jahr sei noch als angemessen anzusehen – obwohl solche Zinssätze schon seit Jahren nicht mehr bei Geldanlagen erzielt werden können. Die an dem Zinssatz geäußerte Kritik war denn auch einhellig. Der BFH hat nunmehr seine Ansicht geändert und sieht zumindest ab 2015 erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Zwar handelt es sich bislang allein um einen Beschluss in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, doch wäre es überraschend, wenn der BFH seine Rechtsauffassung im Hauptsacheverfahren – also dem Klageverfahren gegen den Zinsbescheid – erneut ändern würde.
Steuerpflichtige sollten deshalb in jedem Fall gegen jede Zinsfestsetzung, die zu einer Zinszahlung führt, Einspruch einlegen, um später in jedem Fall noch eine Änderung erreichen zu können, denn die letzte Entscheidung über die Frage der Verfassungswidrigkeit liegt beim Bundesverfassungsgericht. Auch hier sind zumindest zwei Verfahren unter den Aktenzeichen 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 anhängig. Wünschenswert wäre es, wenn der Gesetzgeber zu zeitnah eine realitätsgerechte Anpassung des Zinssatzes auch für die Vergangenheit vornimmt.
Sprechen Sie uns gern an, wenn gegen Sie Zinsen festgesetzt worden sind. FIDES prüft, ob eine Änderung noch in Betracht kommt und führt für Sie etwaige Rechtsbehelfs- und Klageverfahren.
Gerne stehe ich für weitere Fragen persönlich zur Verfügung: