Elektronische Signaturen in der Praxis

Handschriftliche Unterschriften unter Verträgen, Anträgen, Bestellungen usw. werden in der digitalisierten Welt immer seltener. Ersetzt werden Sie mehr und mehr durch elektronische Signaturen. Die uns nun seit mehr als einem Jahr beschäftigende Corona-Pandemie und die damit einhergehende Digitalisierungsoffensive wird diesen Trend in der Zukunft noch verstärken.

Ihre Ansprechpartner

Dr. Ralf Kollmann

Prokurist, Senior Manager

Dr. Michael Beckhusen

Rechtsanwalt bei Nölle & Stoevesandt

ARTEN DER ELEKTRONISCHEN SIGNATUR

Die EU-Verordnung eIDAS (electronic IDentification, Authentication and trust Services – Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste) regelt den Umgang mit elektronischen Signaturen. Als Verordnung gilt die eIDAS-VO unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten. Ergänzt wird sie in Deutschland durch das Vertrauensdienstegesetz (VDG). Die eIDAS-VO definiert die folgenden Arten elektronischer Signaturen.

ELEKTRONISCHE SIGNATUR

Diese als „einfache elektronische Signatur“ bekannte Signaturart dürfte Vielen aus dem beruflichen und privaten Alltag geläufig sein. Zum Einsatz kommt sie bspw. in Form einer eingescannten Unterschrift unter formfreien beruflichen Vereinbarungen sowie E-Mails oder im Rahmen der Bestätigung der Paketannahme auf dem Mobil-Terminal des Paketzustellers. Der vordergründige Zweck dieser Signatur ist es, den Urheber einer Mitteilung oder Nachricht kenntlich zu machen, ohne hierbei den Fokus auf die rechtliche Beweiskraft zu legen.

FORTGESCHRITTENE ELEKTRONISCHE SIGNATUR

Im Vergleich zur einfachen elektronischen Signatur werden bei der fortgeschrittenen elektronischen Signatur höhere Anforderungen an die Nachweisbarkeit der Identität und die Sicherheit gelegt. Die fortgeschrittene elektronische Signatur muss technisch eindeutig dem identifizierbaren Unterzeichner zuordenbar sein und nachträgliche Änderungen signierter Dokumente müssen technisch nachvollziehbar sein.

QUALIFIZIERTE ELEKTRONISCHE SIGNATUR

Die qualifizierte elektronische Signatur gilt als sicherste Form der elektronischen Signatur. Die Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur setzt zusätzlich zu den Sicherheitsmerkmalen einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur den Einbezug eines von der zuständigen Aufsichtsstelle mit dem Status eines qualifizierten Anbieters ausgezeichneten Vertrauensdiensteanbieters sowie die Nutzung einer geeigneten qualifizierten Signaturerstellungseinheit (bspw. ein Kartenleser) voraus. Qualifizierte elektronische Signaturen können überall dort eingesetzt werden, wo die Schriftform gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben ist und gleichzeitig kein Ausschluss für die elektronische Form besteht.

ELEKTRONISCHES SIEGEL

Eine spezielle Form der elektronischen Signatur ist das „elektronische Siegel“ (kurz „E-Siegel“). Während einer elektronischen Signatur eine natürliche Person (etwa ein Mitarbeiter) zugeordnet ist, erfolgt beim Siegel eine Zuordnung zu einer juristischen Person. In der Logistikbranche wird dieses bspw. bei der Versiegelung von Transportbehältern eingesetzt.

RECHTLICHE IMPLIKATIONEN

Grundsätzlich gelten elektronische Dokumente beweisrechtlich als Augenscheinsobjekte. Ihre Beweiskraft unterliegt der „freien richterlichen Beweiswürdigung“. Dies gilt für einfache elektronische Signaturen und fortgeschrittene Signaturen gleichermaßen, obwohl letztere durchaus eine technisch hohe Sicherheit ermöglichen können.

Eine stärkere Beweiskraft kann durch den Einsatz qualifizierter elektronischer Signaturen erzielt werden, welche Voraussetzung für eine Unterschrift in „elektronischer Form“ i.S.d. § 126a BGB und in ihrer Wirkung einer handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt sind. Ein mit qualifizierter elektronischer Signatur unterzeichnetes Dokument kann daher – anders als bspw. eine normale E-Mail oder ein PDF – die schriftliche Form ersetzen. Beweisrechtlich gelten für „private elektronische Dokumente“, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, die Vorschriften über Privaturkunden entsprechend. Ein mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehener Vertrag erbringt damit den vollen Beweis für die Abgabe der darin enthaltenen Erklärungen. Ferner werden die Richtigkeit und Vollständigkeit der in dieser Form elektronisch signierten Urkunde vermutet, womit ein etwaiger Prozessgegner im Falle des Bestreitens den verkörperten Erklärungsinhalt widerlegen muss. Tatsächlich geht die Beweiskraft der qualifizierten elektronischen Signatur aber sogar noch über den Beweiswert der Namensunterschrift hinaus, weil bei der qualifizierten elektronischen Signatur wegen der gesetzlich einzuhaltenden Sicherheitsstandards der Anschein der Echtheit einer in dieser Form abgegebenen Erklärung erzeugt wird. Um diesen Anschein zu erschüttern, bedarf es Tatsachen, die „ernstliche Zweifel“ an der Urheberschaft der Erklärung nahelegen.

ELEKTRONISCHE SIGNATUREN IN DER PRAXIS

Die Beispiele für den zielgerichteten Einsatz digitaler Signaturen in Unternehmen sind vielfältig. Sie umfassen etwa die Unterzeichnung von Angeboten, Bestellungen und Verträgen sowie die Notaranmeldung zum Handelsregister oder die Verwendung in öffentlichen Vergabeverfahren.

Vielerorts werden zudem einfache elektronische Signaturen durch Unterschrift per elektronischem Stift oder sogar per Maus eingesetzt. Ob diese Verfahren die optimale Lösung darstellen oder rechtliche Risiken bergen, muss im Einzelfall geprüft werden.

Der Einsatz elektronischer Signaturen kann für Unternehmen in vielerlei Hinsicht einen Mehrwert bieten, etwa durch die Reduzierung von Prozessdurchlaufzeiten und -kosten, geringere Druck- und Archivierungskosten und eine Erhöhung der Verbindlichkeit und Authentizität von elektronischer Korrespondenz. Die Einführung elektronischer Signaturen kann als ein wesentlicher Baustein der digitalen Transformation von Unternehmen verstanden werden.

Damit der Einsatz elektronischer Signaturen im Unternehmen eine Erfolgsgeschichte wird, sollte die Einführung in der Digitalisierungsstrategie des Unternehmens berücksichtigt werden. In einer Signatur-Richtlinie sollte dabei verbindlich festgelegt werden, für welche Dokumente und Vorgänge elektronische Signaturen eingesetzt werden und welche Signatur-Form jeweils zu verwenden ist.

FAZIT UND AUSBLICK

Gemäß dem IT-Fachverband AIIM druckt die Hälfte der weltweiten Unternehmen Dokumente nur deshalb aus, um sie im Nachgang mit einer händischen Unterschrift zu versehen und erneut einzuscannen. Dieses verdeutlicht das nach wie vor bestehende Potential zur optimierten digitalen Gestaltung von Prozessen und eines gezielten Einsatzes elektronischer Signaturen. Unternehmen können oft eine signifikante Reduzierung von internen Prozesskosten erzielen, indem sie die Optimierungspotentiale von Verwaltungsprozessen aufdecken, ein Konzept zur Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen erarbeiten und darauf aufbauend eine effiziente, workflowbasierte Verwaltung elektronischer Signaturen integrieren. Das Drucken, unterzeichnen und erneute einscannen von Dokumenten für den elektronischen Versand sollte damit zukünftig der Vergangenheit angehören.

Folgende Leistungen sind mit dem Thema Elektronische Signaturen in der Praxis verknüpft: