Grundsteuer-Reform: Hintergrund und Pflichten – Ein kurzer Überblick

Mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts vom 26.11.2019 (Grundsteuer-Reformgesetz) hat der Gesetzgeber die Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Grundsteuer neu geregelt. Danach sind sämtliche Grundstückseigentümer im Jahr 2022 verpflichtet, eine Feststellungserklärung für den sich in ihrem Eigentum befindlichen Grundbesitz abzugeben. Der nachfolgende Beitrag behandelt dabei einzelne Aspekte der Neuregelung und weist auf die vom Steuerpflichtigen notwendigen Angaben hin.

Ihre Ansprechpartner

Tobias Schult

Steuerberater

Thorben Gleitsmann

Steuerberater

1. ALLGEMEINE ERKLÄRUNGSPFLICHTEN FÜR ALLE GRUNDSTÜCKE IN 2022

Mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts vom 26.11.2019 (Grundsteuer-Reformgesetz) hat der Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht in 2018 als verfassungswidrig eingestufte Einheitswertberechnung zur Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Grundsteuer neu geregelt (§§ 218 ff. Bewertungsgesetz – „BewG“). Danach sind sämtliche Grundstückseigentümer im Jahr 2022 verpflichtet, eine Erklärung zur Feststellung von Grundsteuerwerten für den sich in ihrem Eigentum befindlichen Grundbesitz abzugeben. Dies gilt unabhängig davon, ob das Grundstück zu eigenen Wohnzwecken, vermietet oder betrieblich genutzt wird. Auf Basis der jeweiligen Feststellungserklärung werden durch das zuständige Finanzamt für das Jahr 2025 neue Grundsteuerbescheide ergehen.

Die Feststellungserklärung ist elektronisch in der Zeit vom 01.07. bis voraussichtlich spätestens 31.10.2022 über das Internetportal „Mein Elster“ einzureichen. Aufgrund des engen Zeitrahmens für die Abgabe der jeweiligen Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts empfehlen wir, sich zeitnah mit den entsprechenden Vorbereitungshandlungen für die Erstellung der Feststellungserklärung zu beschäftigen.

2. BEWERTUNGSVERFAHREN AB 2022 NACH DEM SOG. BUNDESMODELL

Für die Feststellung der Grundsteuerwerte zum 01.01.2022 (Hauptfeststellungszeitpunkt) nach dem neuen Bewertungsrecht muss für jede wirtschaftliche Einheit (Grundstück, Erbbaurecht, Teil- und Miteigentum sowie Wohnungs- und Teilerbbaurecht) ein entsprechender Grundsteuerwert ermittelt werden. Die Bewertung je wirtschaftlicher Einheit, ausgenommen land- und forstwirtschaftliches Vermögen (s.u. 4.), erfolgt grundsätzlich – in Abhängigkeit der Verwendung (private Wohnzwecke oder gewerbliche Nutzung) – nach dem sog. Ertrags- oder Sachwertverfahren.

Ab dem 01.01.2022 wenden alle Bundesländer, mit Ausnahme von Niedersachsen, Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, das sog. „Bundesmodell“ zur Grundsteuerwertfeststellung an. Abhängig von dem anzuwendenden Modell des jeweiligen Bundeslandes sind von dem jeweiligen Grundstückseigentümer – neben allgemeinen Angaben zum Grundstück – unterschiedliche Informationen anzugeben.

Für die nach dem Bundesmodell abzugebenden Erklärungen werden für die Erstellung der Feststellungserklärung im Wesentlichen die nachfolgenden Angaben benötigt:

  • Grundstücksfläche: Die Grundstücksfläche kann aus Grundbuchauszügen, Katasterunterlagen bzw. alten Einheitswertbescheiden (sofern es keine Änderungen gab) entnommen werden. 
  • Bodenrichtwert: Der Bodenrichtwert kann kostenlos auf den Internetseiten des Gutachterausschusses des jeweiligen Bundeslandes abgefragt werden. Der Bodenrichtwert ist jeweils für ein Mustergrundstück angegeben. Er ist bei Abweichungen, z.B. bei der Grundstücksfläche oder der Geschossflächenzahl, entsprechend anzupassen.
  • Gebäudeart (insb. für Geschäftsgrundstücke): Die unterschiedlichen Gebäudearten (z.B. gemischt genutzte Grundstücke, Bürogebäude, Betriebs- und Werkstätten, Autohäuser, Lagergebäude etc.) werden in Anlage 42 BewG erläutert und dargestellt.
  • Bruttogrund-/ Wohnfläche: Die Berechnung der Bruttogrundfläche erfolgt nach DIN 277. Die Bruttogrundfläche ist die Summe der marktüblichen nutzbaren Flächen eines Gebäudes. Vereinfachend berechnet sich die Bruttogrundfläche aus der Summe aus Länge x Breite der einzelnen Etagen. Die Berechnung erfolgt dabei von Außenwand zu Außenwand. Diese Fläche wird i.d.R. in den Bauunterlagen angegeben. Ansonsten kann die Berechnung auch anhand von Bauzeichnungen ermittelt oder evtl. aus alten Einheitswerterklärungen entnommen werden. 
    Die Berechnung der Wohnfläche erfolgt nach der Wohnflächenverordnung vom 25.11.2003 (BGBl. I, S. 2346).
  • Baujahr: Das Baujahr der Grundstücke kann ebenfalls aus alten Einheitswertbescheiden entnommen werden.

Die wirtschaftliche Auswirkung der dargestellten, geänderten Bewertungssystematik auf die künftige Höhe der Grundsteuer ist derzeit noch nicht abzusehen, da diese zusätzlich von der Höhe des in der jeweiligen Gemeinde geltenden Hebesatzes abhängt. Die Hebesätze in den einzelnen Gemeinden sollen jedoch erst dann neu festgelegt werden, wenn ausreichende Erkenntnisse zur Höhe der neu festgestellten Grundsteuerwerte und Grundsteuermesszahlen vorliegen. 

3. NIEDERSÄCHSISCHES FLÄCHEN-LAGE-MODELL

Die Berechnung der Grundsteuerwerte in Niedersachen erfolgt abweichend von dem Bundesmodell (s.o. 2.) mit dem sog. Flächen-Lage-Modell. Hierbei wird neben den bereits angeführten Aspekten insbesondere die Lage des Grundstücks innerhalb der Gemeinde mit einem gesonderten Faktor berücksichtigt. Auf eine detaillierte, mathematische Darstellung des Modells wird an dieser Stelle verzichtet.

Für die nach dem Flächen-Lage-Modell abzugebenden Erklärungen werden für die Erstellung der Feststellungserklärung im Wesentlichen die nachfolgenden Angaben benötigt:

  • Grundstücksfläche: Die Grundstücksfläche kann aus Grundbuchauszügen, Katasterunterlagen bzw. alten Einheitswertbescheiden (sofern es keine Änderungen gab) entnommen werden. Für das Land Niedersachsen soll künftig ein kostenloser „Grundsteuer-Viewer“ im Internet zur Verfügung gestellt werden, mit dem die Grundstückfläche (bzw. -größe) ermittelt werden kann. Möglicherweise werden auch weitere Bundesländer eine entsprechende Hilfe zur Verfügung stellen.
  • Gebäudefläche (Nutzfläche): Die Berechnung der Nutzfläche erfolgt nach DIN 277. Die Nutzfläche ist die Summe aller Flächen eines Gebäudes. Vereinfachend berechnet sich die Nutzfläche aus der Summe aus Länge x Breite der Innenfläche – ohne Wände – der einzelnen Etagen. Diese Fläche wird i.d.R. in den Bauunterlagen angegeben. Alternativ kann die Berechnung auch anhand von Bauzeichnungen erfolgen oder ggf. aus alten Einheitswerterklärungen entnommen werden. 

Auf Ausführungen zu den weiteren vom Bundesmodell abweichenden Bewertungsmodellen, haben wir an dieser Stelle verzichtet. Sollten sich Grundstücke von Ihnen in einem der anderen Bundesländer mit abweichenden Bewertungsmodell befinden, sprechen Sie uns gerne an.

4. BESONDERHEITEN BEI LAND- UND FORSTWIRTSCHAFTLICHEM VERMÖGEN

Die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen für Zwecke der Grundsteuer erfolgt anhand der wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich nach den Regelungen des BewG des Bundes. Dieser umfasst die in engem sachlichen Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter (z.B. Grund und Boden, Wirtschaftsgebäude, Betriebsmittel etc.) und bestimmt sich nach den wirtschaftlichen Eigentumsverhältnissen beim Grund und Boden am Bewertungsstichtag. Abweichend hiervon, können die Bundesländer mit einem eigenen Bewertungsrecht jedoch in einzelnen Punkten abweichende Regelungen getroffen haben.

Für die abzugebenden Erklärungen betreffend das land- und forstwirtschaftliche Vermögen werden für die Erstellung der Feststellungserklärung im Wesentlichen die nachfolgenden Angaben benötigt:

  • Grundstücksfläche
  • Nutzungsart
  • Ertragsmesszahl
  • Fläche der Hofstelle 
  • Fläche einer evtl. vorhandenen Windenergieanlage
  • Vieheinheiten je Hektar

Die Grundstücksfläche, Nutzungsart, Ertragsmesszahl und Fläche der Hofstelle ergeben sich in der Regel aus dem amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem. Die Vieheinheiten können anhand der Anlage 34 BewG ermittelt werden.

Für das private Wohnhaus des Landwirtes gelten die allgemeinen Bewertungsregeln (s.o. 2.).

5. ÄNDERUNGEN DER VERHÄLTNISSE BEI EINZELNEN GRUNDSTÜCKEN AB 2022

Sofern nach dem 01.01.2022 Änderungen (z.B. bei Neubauten, Abriss, Um- und Ausbauten sowie Veränderungen bei der Grundstücksgröße) eintreten, die sich auf den Grundsteuerwert auswirken, sind diese in den Folgejahren ggü. dem Finanzamt zu erklären (gesonderte Anzeigepflicht). Bisher mussten Änderungen nur auf Anfrage des Finanzamtes mitgeteilt werden. 

Die Frist zur Anzeige der Änderungen beträgt einen Monat und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Änderung erfolgte. Die Anzeige muss daher bis Ende Januar des Folgejahres erfolgen (für in 2022 erfolgte Änderungen bis zum 31.01.2023). Die entsprechenden Erklärungen sind ebenfalls zwingend elektronisch von dem jeweiligen Grundstückseigentümer an das Finanzamt zu übermitteln.

6. NEUERUNGEN BEI ERBBAURECHTEN UND GEBÄUDEN AUF FREMDEM GRUND UND BODEN AB 2022

Erbbaurechte sind nach § 261 BewG insgesamt dem Erbbauberechtigten zuzurechnen. Nach altem Recht erfolgte bei Erbbaurechten noch eine Aufteilung des Einheitswertes auf Erbbaurechtsgeber und Erbbauberechtigten. 

Gebäude auf fremden Grund und Boden sind nach § 262 BewG dem Grundstückseigentümer zuzurechnen. Nach altem Recht erfolgten getrennte Grundsteuerfestsetzungen für das Grundstück und für das auf fremden Grund und Boden errichtete Gebäude, so dass der Grundstücks- und der Gebäudeeigentümer jeweils die Grundsteuer für sein Eigentum zu tragen hatte.

7. ÜBERGANGSZEITRAUM

Bis zum 31.12.2024 werden durch die Finanzverwaltung für Zwecke der Grundsteuererhebung noch die bisher geltenden Regelungen angewendet. Für die Jahre 2022 bis 2024 sind bei allen unterjährigen Änderungen auch noch Erklärungen nach dem alten Bewertungsrecht in Papierform einzureichen.

8. ERHEBUNG DER GRUNDSTEUER AB DEM VERANLAGUNGSZEITRAUM 2025

Die auf den Hauptfeststellungszeitpunkt zum 01.01.2022 (und ggf. durch Änderungen in den Folgejahren 2022 bis 2024 auf den 01.01.2025 fortgeschriebenen) festgestellten Grundsteuerwerte sind erstmalig ab dem Veranlagungsjahr 2025 für die Grundsteuerberechnung anzuwenden.

9. UNSERE LEISTUNGEN

Gern unterstützen wir Sie bei der Erstellung und elektronischen Übermittlung der für Ihr Grundvermögen jeweils notwendigen Feststellungserklärung(en) an das Finanzamt.
Hierfür und für Fragen rund um die Grundsteuer-Reform steht Ihnen bei FIDES – neben den Ihnen bekannten Ansprechpartnern – auch ein gesondertes Experten-Team zur Verfügung. Dieses beantwortet Ihnen Ihre Fragen rund um die Grundsteuer-Reform und informiert Sie über die von uns für die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts benötigten Angaben. Die erforderlichen Informationen variieren je nach Nutzung und Lage des Grundstücks.

Sofern Sie unsere Unterstützung bei der Erstellung und Übermittlung der Feststellungserklärung(en) wünschen, möchten wir Sie bitten, uns dies bis spätestens zum 31.05.2022 – vorzugsweise per E-Mail an grundsteuerreform@fides-online.de – mitzuteilen. Übermitteln Sie uns in diesem Zusammenhang bitte auch, wo Ihr Grundvermögen belegen ist, damit wir bei Ihnen die bundeslandspezifischen Angaben abfragen können.

Um die Kommunikation mit Ihnen bestmöglich zu gestalten und Ihnen unnötigen Arbeitsaufwand zu ersparen, setzen wir bei der Erstellung Ihrer Feststellungserklärung(en) eine spezielle Software ein. Wir werden Ihnen den entsprechenden Zugang zu der o.g. Software einrichten, damit Sie einfach, unkompliziert und sicher die notwendigen Informationen (Unterlagen, Verträge etc.) einreichen und Ihre Fragen an unser Experten-Team stellen können.

Selbstverständlich können Sie sich auch gern persönlich unter folgenden Kontaktdaten an uns wenden:

  • Telefon:   0421 3013 – 0 
  • E-Mail:    grundsteuerreform@fides-online.de

Bei Bedarf sprechen Sie uns gerne an.

Das nachfolgende Video behandelt dabei einige Aspekte der Neuregelung und erläutert, wie Sie Ihre Erklärungsabgabe mit der FIDES Opti.Tax Cloud einfach und sicher vornehmen können.

Folgende Leistungen sind mit dem Thema Grundsteuer-Reform: Hintergrund und Pflichten – Ein kurzer Überblick verknüpft: