Die Corona-Pandemie bringt für Unternehmen nach wie vor erhebliche Herausforderungen mit sich, so auch bei Bilanzierungssachverhalten im Rahmen der anstehenden Jahresabschlussaufstellung. Einige ausgewählte handels- und steuerbilanzielle Aspekte und deren Auswirkungen stellen wir Ihnen nachfolgend dar.
Handelsbilanzielle Auswirkungen
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) hat im Laufe der vergangenen Monate drei „Fachliche Hinweise“ zu den Auswirkungen des Coronavirus auf seiner Internetseite veröffentlicht (www.idw.de). Danach könnten im Hinblick auf den aufzustellenden Jahresabschluss und Lagebericht folgende Aspekte von Bedeutung sein:
- Die Folgen der Pandemie stellen ein Ereignis dar, das erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben kann. Soweit die Pandemie individuell zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Unternehmensentwicklung oder sogar zu einer Krise geführt hat, könnte es im Einzelfall angezeigt sein, eine Änderung der Bilanzpolitik und somit eine im Ausnahmefall begründete Abkehr vom Grundsatz der Stetigkeit zu prüfen. Eine Anpassung wäre u. a. dann vorzunehmen, wenn die bisherige Bilanzpolitik zur Legung stiller Reserven geführt hat und dies fortan vermieden werden soll. Entsprechende Änderungen wären dann im Anhang anzugeben und zu begründen.
- Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens kann eine außerplanmäßige Abschreibung geboten sein, wenn der beizulegende Wert voraussichtlich dauerhaft unter dem Buchwert liegt. Vorübergehend stillgelegte oder eingeschränkt genutzte Anlagen sind weiter planmäßig abzuschreiben; erst bei dauerhaft eingeschränkter Nutzung sind ggf. zusätzliche außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen. Dauerhaft stillgelegte Anlagen sind auf den Veräußerungswert oder den Schrottwert außerplanmäßig abzuschreiben.
- Besondere Bedeutung kann die Frage haben, ob auf Gegenstände des Umlaufvermögens eine Wertberichtigung zu erfolgen hat. Aufgrund des sog. strengen Niederstwertprinzips muss bei einem niedrigeren beizulegenden Wert zum jeweiligen Stichtag stets eine Abschreibung erfolgen. Dies kann vor allem das Vorratsvermögen betreffen. Erfolgt eine Bewertung zu Herstellungskosten, ist zu beachten, dass sog. Leerkosten Aufwand der jeweiligen Periode sind und nicht in die Herstellungskosten einzubeziehen sind. Dies kann Gemeinkosten betreffen, die auf Zeiträume entfallen, in denen Herstellungsvorgänge bspw. aufgrund von Unterbrechungen der Lieferkette unterbrochen werden müssen. In allen Fällen der Bewertung von Vorratsvermögen ist zu prüfen, ob Abschreibungen aufgrund des Entfallens der Veräußerungsfähigkeit, einer gesunkenen Umschlagshäufigkeit oder durch erhöhte Lagerkosten im Rahmen der verlustfreien Bewertung erforderlich sind.
- Ferner können handelsrechtlich Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Absatz- sowie schwebenden Beschaffungsgeschäften erforderlich sein. Das ist der Fall, wenn der Wert der vom Bilanzierenden für die Laufzeit des Vertrages zu erbringenden Leistung unter dem Wert des Gegenleistungsanspruchs liegt. Steuerlich ist eine solche Rückstellung indes nicht zulässig.
- Kurzarbeitergeld ist aus Sicht des Arbeitgebers ein durchlaufender Posten in der Bilanz und somit in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht zu erfassen. Hingegen hat der Arbeitgeber auf die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen einen eigenen unmittelbaren Anspruch gegenüber der BfA. Handelsrechtlich liegt eine nicht rückzahlbare Zuwendung vor, die erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung als sonstiger betrieblicher Ertrag oder als Kürzung des Personalaufwands zu buchen ist. Einzelheiten zum Kurzarbeitergeld sind in der FIDES Information 1/2020 dargestellt.
- Stützungsmaßnahmen des Staates sind erst nach einer verbindlichen Zusage bilanziell zu erfassen. Nicht rückzahlbare Zuschüsse, an die auch keine Bedingungen eines künftigen Verhaltens geknüpft sind, können nach der verbindlichen Zusage unmittelbar und in voller Höhe erfolgswirksam vereinnahmt werden.
- Krisenbedingte Beschlüsse des Managements, etwa zu Personal- oder Arbeitszeitmaßnahmen, sind grundsätzlich erst nach einer verbindlichen Entscheidung bilanziell zu berücksichtigen.
Steuerbilanzielle Auswirkungen
In steuerlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber bereits durch verschiedene gesetzliche Maßnahmen (insb. Erstes und Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) auf die Corona-Pandemie reagiert (s. insbesondere FIDES Information 2/2020). Mit Blick auf steuerbilanzielle Aspekte sind insbesondere die folgenden Änderungen von Bedeutung:
- Der steuerliche Verlustrücktrag wurde für die Jahre 2020 und 2021 auf EUR 5 Mio. bzw. EUR 10 Mio. (bei Zusammenveranlagung) erhöht. Dies gibt Unternehmen ggf. Anlass, vorhandene steuerpolitische Freiräume in die eine oder andere Richtung auszunutzen.
- Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in den Jahren 2020 oder 2021 angeschafft oder hergestellt wurden oder werden, ist die zeitweilige Einführung einer degressiven Abschreibung in Höhe von 25 %, höchstens aber das 2,5-fache der linearen Abschreibung, eingeführt worden. Die degressive Abschreibung eröffnet bilanzpolitischen Spielraum.
- Die Reinvestitionsfristen im Zusammenhang mit der Bildung einer sog. § 6b-Rücklage zur Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven insbesondere bei Grundstücken und beim Investitionsabzugsbetrag (§ 7g EStG) wurden vorübergehend um ein Jahr verlängert. Die Verlängerung der Fristen eröffnet ebenfalls Raum für steuerbilanzpolitische Maßnahmen.
Darüber hinaus sind weitere steuerbilanzielle Maßnahmen im Jahressteuergesetz 2020 geplant (s. Beitrag über den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020).