
Keine Klarheit über die Anwendung der sog. strengen oder modifizierten Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Übertragungen
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Mit Beschlüssen vom 30.10.2018 wurden die Verfahren X R 28/12 und GrS 1/16 zur Anwendung der sog. strengen oder modifizierten Trennungstheorie wegen Abhilfe durch das Finanzamt beendet. Dies geschah ohne eine Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH). Die ertragsteuerlichen Folgen teilentgeltlicher Übertragungen einzelner Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG bleiben daher weiterhin unklar. FIDES informiert Sie über die praktischen Konsequenzen dieser BFH-Beschlüsse.
Strenge versus modifizierte Trennungstheorie
Der I. Senat des BFH und die Finanzverwaltung wenden bei teilentgeltlichen Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften die sog. strenge Trennungstheorie an. Danach sind teilentgeltliche Übertragungen in einen unentgeltlichen und einen entgeltlichen Teil aufzuteilen. Hierbei wird der Buchwert des Wirtschaftsguts nach dem Verhältnis des Entgelts zum Teilwert des Wirtschaftsguts aufgeteilt und somit beiden Anteilen zugerechnet. Folglich resultiert aus dem entgeltlichen Teil des Geschäfts immer eine gewisse Gewinnrealisierung.
Hingegen spricht sich der IV. Senat des BFH für die Anwendung der sog. modifizierten Trennungstheorie aus. Im Detail werden zwei verschiedene Varianten der modifizierten Trennungstheorie vertreten, die sich insbesondere durch die Zuordnung des Buchwerts unterscheiden („modifizierte Trennungstheorie mit anteiliger Zuordnung des Buchwerts bis zur Höhe des Teilentgelts" vs. „modifizierte Trennungstheorie mit Verlustbeitrag“). Beiden Varianten ist gemein, dass eine Gewinnrealisierung nicht eintritt, wenn die Gegenleistung nicht den Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts übersteigt.
Einstellung der Verfahren X R 28/12 und GrS 1/16
Der X. Senat des BFH hat zur Klärung dieses Meinungsstreits dem Großen Senat des BFH die Rechtsfrage vorgelegt, wie bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft gem. § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln sei. Nachdem das Finanzamt dem Begehren der Kläger, die sich auf die modifizierte Trennungstheorie beriefen, vollständig abgeholfen hatte, wurde das Verfahren X R 28/12 in der Hauptsache für erledigt erklärt und der Vorlagebeschluss vom 27.10.2015 aufgehoben. Daraufhin hat der GrS des BFH mit Beschluss vom 30.10.2018 das bei ihm geführte Verfahren GrS 1/16 beendet.
Folgen für die Praxis
Infolge der Beendigung der o.g. Verfahren ohne Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage bleiben die ertragsteuerlichen Folgen teilentgeltlicher Übertragungen einzelner Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG weiterhin unklar.
Die Finanzverwaltung wird bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern aus einem Betriebsvermögen in eine Mitunternehmerschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und andere Gegenleistungen nach der strengen Trennungstheorie weiterhin von einer Gewinnrealisierung ausgehen, wenn die Gegenleistungen die Höhe des Buchwerts des übertragenen Wirtschaftsguts nicht überschreiten.
Zur Vermeidung einer Teilentgeltlichkeit kommen beispielsweise folgende Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht:
• Gutschrift auf einem Kapitalkonto II,
• Zurückbehaltung von Verbindlichkeiten oder
• die Übertragung von Einzelwirtschaftsgüter als Teil einer Sachgesamtheit nach § 24 UmwStG.
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