BMF äussert sich zu Zinsentscheid des Bundesverfassungsgerichts

Mit Beschluss vom 8. Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht den gesetzlichen Zinssatz von 6 % für die Zeit ab 2014 als verfassungswidrig eingestuft. Das Bundesfinanzministerium hat sich jetzt in einem Schreiben vom 17. September 2021 zu verschiedenen Praxisfragen der Umsetzung dieser Entscheidung geäußert.

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Dr. Ulf-Christian Dißars

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Mit Beschlüssen vom 8. Juli 2021 (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) hat das Bundesverfassungsgericht den gesetzlichen Zinssatz von 6 % ab 2014 für verfassungswidrig erklärt. Allerdings hat das Gericht auch diese bisherige – verfassungswidrige – Rechtslage bis einschließlich 2018 für weiterhin anwendbar erklärt. Erst für Verzinsungszeiträume ab 2019 kommt eine Anwendung nicht mehr in Betracht. Bis zum 31. Juli 2022 hat der Gesetzgeber Zeit, eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen, so lange dürfte dies indes kaum dauern.

Jetzt hat sich das Bundesfinanzministerium in einem Schreiben vom 17. September 2021 dazu geäußert, welche Folgen sich aus der Entscheidung für die Praxis ergeben. Das BMF betont hierbei, dass die Entscheidung lediglich für die sog. Vollverzinsung nach § 233a AO ergangen ist. Es gibt aber noch verschiedene andere Arten von Zinsen im steuerlichen Verwaltungsverfahren, zu denen sich das Gericht nicht geäußert hat. Allerdings erkennt das BMF an, dass eine Entscheidung zu Aussetzungs- oder auch Hinterziehungszinsen kaum anders ausfallen dürfte. Insofern sind diese weiterhin unter einem Vorläufigkeitsvermerk zu veranlagen bzw. ein solcher Vermerk bleibt bestehen. Für Zinsfestsetzungen nach § 233a AO ist danach zu differenzieren, ob es sich um eine erstmalige Zinsfestsetzung handelt oder ob diese in der Vergangenheit bereits erfolgt ist. Zudem ist auf der Grundlage der Beschlüsse zwischen der Zeit bis Ende 2018 und ab 2019 zu unterscheiden. Erstmalige Zinsfestsetzungen bis Ende 2018 sollen nunmehr endgültig erfolgen, ab 2019 sollen zum jetzigen Zeitpunkt keine Nachzahlungs- oder Erstattungszinsen festgesetzt werden. Dies soll geschehen, wenn die gesetzliche Neuregelung erfolgt ist. Diese Vorgehensweise wird in den Bescheiden erläutert. Geänderte Zinsfestsetzungen bis Ende 2018 sollen nunmehr auch endgültig erfolgen, ab 2019 sind Änderungen auszusetzen. Einspruchsverfahren für Verzinsungszeiträume bis 31. Dezember 2018 sind nunmehr durch abweisende Einspruchsentscheidung abzuschließen, Einspruchsverfahren für Zeiträume ab 1. Januar 2019 sind auszusetzen. Sind für den letzteren Zeitraum Verfahren bereits bei einem Finanzgericht anhängig, obliegt es diesen, über die Vorgehensweise zu entscheiden. Entsprechend der Behandlung von Einspruchsverfahren. Aussetzung der Vollziehung wird nach dem Schreiben jetzt folgerichtig lediglich für Verzinsungszeiträume ab 1. Januar 2019 gewährt.

Das neue BMF-Schreiben bietet damit eine passable Information für Steuerpflichtige und deren Berater, wie es nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts weitergeht. Allerdings klärt es längst nicht alle offenen Fragen. Nach der zeitnah zu erwartenden Neuregelung der gesetzlichen Grundlagen dürfte hier hoffentlich mehr Rechtsklarheit herrschen.

In allen Fragen rund um die Verzinsung steht Ihnen bis dahin und auch anschließend FIDES zur Seite.