NEUE PERSPEKTIVEN IM UMSATZSTEUERRECHT – VORSTEUERABZUG BEI BESTIMMTEN UNENTGELTLICHEN ZUWENDUNGEN

Neue Perspektiven im Umsatzsteuerrecht – Vorsteuerabzug bei bestimmten unentgeltlichen Zuwendungen

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Das jüngste Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 2020 (XI R 26/20) markiert einen Wendepunkt in der steuerrechtlichen Behandlung von unentgeltlichen Zuwendungen, speziell bei Ausbauarbeiten an Gemeindestraßen durch Unternehmen. Diese Entscheidung könnte weitreichende Implikationen für die Steuerpraxis haben. Die Finanzverwaltung hat bereits darauf reagiert und den Umsatzsteueranwendungserlass geändert (BMF, Schr. v. 24.1.2024 – III C 2 – S 7109/19/10004 :001, DOK 2024/0060262).

Praxisbeispiel (in Anlehnung an das BMF-Schreiben):

Ein Unternehmer (U) möchte einen Steinbruch betreiben, was nur mit einer Genehmigung der Behörden möglich ist, die an die Bedingung geknüpft ist, eine öffentliche Gemeindestraße für den Zugang auszubauen. U übernimmt die Kosten für den notwendigen Straßenausbau für den Schwerlastverkehr, die kalkulatorisch in den Verkaufspreis der Steine einfließen. Die Straße, die hauptsächlich vom Schwerlastverkehr des U genutzt wird, wird der Gemeinde unentgeltlich überlassen. Da die Nutzung der Straße überwiegend im Unternehmensinteresse liegt und die Kosten im Preis der verkauften Steine enthalten sind, ist U zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Ein Paradigmenwechsel: Bisher war die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug bei unentgeltlichen Zuwendungen an die Öffentlichkeit stark eingeschränkt. Unternehmen, die Infrastruktur verbesserten, ohne direkte finanzielle Gegenleistungen zu erhalten, standen oft ohne die Möglichkeit da, die in diesen Projekten anfallende Umsatzsteuer geltend zu machen. Das BFH-Urteil stellt nun klar, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorsteuerabzug möglich ist, wenn die Ausbauarbeiten sowohl der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens dienen als auch von der Allgemeinheit genutzt werden.

Auswirkungen auf die Praxis: Diese Rechtsprechung eröffnet Unternehmen neue Möglichkeiten, Investitionen in die öffentliche Infrastruktur steuerlich geltend zu machen. Es empfiehlt sich für Unternehmen, bestehende und zukünftige Projekte im Hinblick auf diese neuen steuerlichen Rahmenbedingungen zu überprüfen und anzupassen. Eine enge Zusammenarbeit mit Steuerberatern ist dabei essentiell, um sicherzustellen, dass alle relevanten Voraussetzungen erfüllt sind.

Für Unternehmen bietet das Urteil Anlass, die steuerliche Planung zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. In Zeiten finanzieller Unsicherheit kann dies einen willkommenen Spielraum für zusätzliche finanzielle Entlastungen schaffen.