Folgen der Grosshandelspreisentwicklung Strom 2021

Die Großhandelspreise für Strom steigen stetig. Dies stellt Industrieunternehmen vor große Herausforderungen. Besonders wenn sie im internationalen Wettbewerb stehen und die Preise nicht an die eigenen Kunden weitergeben können, stellen die erhöhten Kosten einen erheblichen Wettbewerbsnachteil dar.

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Ernst-Wilhelm Hoppe

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Stefanie Stuntebeck

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

In den vergangenen Monaten sind die Großhandelspreise für Strom stetig gestiegen. Anfang Juli 2021 lag der Preis für eine im nächsten Jahr zu liefernde Megawattstunde (MWh) bei rd. EUR 70. Dies entspricht nahezu einer Verdopplung im Vergleich zu den Preisen im März 2020 zu Beginn der Corona-Krise. Dieser Betrag stellt den höchsten Wert der vergangenen 10 Jahre dar.

Der Anstieg der Stromkosten stellt Industrieunternehmen vor große Herausforderungen. Wenn die Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen und die Preise nicht an die eigenen Kunden weitergeben können, stellen die erhöhten Kosten einen erheblichen Wettbewerbsnachteil dar.

Privathaushalte sind von kurzfristigen Schwankungen der Großhandelspreise in der Regel nicht unmittelbar betroffen, da die Beschaffungskosten nur einen vergleichsweise geringen Teil der von den Haushalten zu zahlenden Stromkosten ausmachen und die Stromanbieter den Strom zumeist langfristig einkaufen und somit kurzfristig unabhängig von der Preisentwicklung sind. Industrieunternehmen erwerben den Strom jedoch zumeist kurzfristig und sind damit gezwungen, Energiemengen auch zu den aktuell hohen Kursen zu erwerben.

WAS TREIBT DEN STROMPREIS?

Der aktuell zu beobachtende Preisanstieg ist im Wesentlichen auf die beiden im Folgenden aufgeführten Faktoren zurückzuführen.

  1. Wesentlicher Treiber ist der CO2-Preis von aktuell EUR 25 je Tonne CO2, der bei der Stromerzeugung auf Basis von fossilen Brennstoffen zu einer erheblichen Erhöhung der Produktionskosten beiträgt. Genannter CO2-Preis führt bei Gas-, Steinkohle und Braunkohlekraftwerken zu einem Anstieg der Erzeugungskosten um bis zu 6 Cent pro Kilowattstunde. Die Mehrkosten werden durch die Unternehmen möglichst an den Endverbraucher weitergegeben.
  2. Zusätzlich zu den gestiegenen Kosten für die CO2-Emissionszertifikate sind auch die Kosten für die Brennstoffe, wie beispielsweise Gas, inflationsbedingt gestiegen und haben die Erzeugungskosten damit nochmals verteuert. 

ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG

Es bestehen Unsicherheiten, wie am besten auf die aktuellen Entwicklungen reagiert werden soll. Die Unternehmen stehen hierbei zusammenfassend vor der Frage, ob Sie auf kurzfristige Preissenkungen spekulieren und somit den weiteren Stromeinkauf hinauszögern oder von steigenden Preisen ausgehen und den zukünftigen Energiebedarf durch den Stromeinkauf zum aktuellen Preisniveau absichern.

Kurzfristig ist eine Entspannung der Strompreise grundsätzlich möglich, mittel- bis langfristig sprechen jedoch insbesondere die folgenden Faktoren für einen weiteren Anstieg der Stromkosten.

  1. Der Anstieg der Kosten für CO2-Zertifikate ist bis 2026 gesetzlich auf EUR 55 bis EUR 65 je Tonne CO2 bereits festgelegt, danach werden die Zertifikate in den freien Handel überführt. Eine Senkung des CO2-Preises auf Basis von Angebot und Nachfrage ist insbesondere vor dem Hintergrund der ambitionierten Klimaziele der EU nicht zu erwarten. 
  2. Der Ausstieg aus der Atomenergie und der damit einhergehenden Abschaltung der letzten Atomkraftwerke verbunden mit einem nur verzögerten Ausbau erneuerbarer Energiequellen kann kurzfristig zu einer Verknappung des Angebots führen, wodurch ein weiterer Preisanstieg möglich wird. Ein weiterer Kostenanstieg der CO2-Zertifikate würde zusätzlich zu einer weiteren Angebotsverknappung führen, da es beispielsweise Gaskraftwerken nicht möglich wäre, weiterhin wirtschaftlich Strom zu produzieren.

ANSÄTZE ZUR REDUZIERUNG DER STROMKOSTEN

Forderungen nach Entlastungen sind in der Industrie bereits groß. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Stromkosten sich zu rd. 50  % aus Steuern, Abgaben und Umlagen zusammensetzen, sollen diese staatlich veranlassten Mehrkosten gesenkt werden. Finanziert werden soll dies über die zusätzlichen Einnahmen durch die CO2-Zertifikate. Insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen, die bisher nicht bei Begünstigungen bei der EEG-Umlage oder Stromsteuerentlastungen berücksichtigt wurden, würden hiervon profitieren. Großunternehmen haben außerdem die Möglichkeit, sogenannte Direktabnahmeverträge bzw. Power Purchase Agreements (PPA) abzuschließen. Zusammenfassend handelt es sich hierbei um Verträge, die direkt zwischen Stromproduzenten und Stromverbraucher abgeschlossen werden. Hierdurch können Produzenten sowie Abnehmer feste Preise festsetzen und damit Marktrisiken reduzieren. Inwieweit dies zu sinkenden Strompreisen führt bleibt offen.

Soweit nicht bereits geschehen, sollten Unternehmen die Möglichkeiten zur Reduzierung der Umlagenzahlungen identifizieren und die Reduzierungen entsprechend beantragen.